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Arbeitszeugnis: Was ist zu beachten?

Am Schluss von Arbeitsverhältnissen gehen die Meinungen über das richtige Zeugnis manchmal auseinander. Wohlwollen und Wahrheit sind nicht immer leicht auf einen Nenner zu bringen. Die Gerichtspraxis verlangt beides. Das zeigt ein jüngstes Urteil des Arbeitsgerichtes Zürich.

Scheidende Mitarbeiter können gekränkt sein, wenn der Arbeitgeber ein sachliches und ehrliches Zeugnis ausstellt. Die Wahrheitspflicht verbietet aber das Ausstellen von Gefälligkeitszeugnissen und sie verpflichtet dazu, auch negative Punkte ins Zeugnis aufzunehmen. Dem Arbeitgeber obliegt allerdings die Beweislast für die Richtigkeit des Zeugnisses. Er muss auch den Verhältnismässigkeitsgrundsatz beachten: Kleinere Verfehlungen oder Ungereimtheiten dürfen nicht ins Arbeitszeugnis aufgenommen werden. Mit dem Arbeitszeugnis soll das wirtschaftliche Fortkommen der Angestellten gefördert oder jedenfalls nicht unnötig erschwert werden. Wohlwollen darf aber nicht zur Unwahrheit verkommen.

Haftung des Arbeitgebers
Wenn das Zeugnis objektiv unwahr, unklar oder unvollständig ist, oder wenn es negative Aussagen enthält, welche zwar zutreffen, deren Vermerk aber unverhältnismässig ist, können Betroffene eine (gerichtliche) Berichtigung verlangen. Dabei ist aber auch zu beachten, dass Arbeitgeber nicht zur Unwahrheit oder zu übertriebenem, sachlich nicht zurechtfertigendem Wohlwollen gezwungen werden können. Wer ein falsches Zeugnis ausstellt, haftet unter Umständen gegenüber einem späteren Arbeitgeber, welcher sich auf das falsche Zeugnis verlassen hat.

Grundsätze bei der Formulierung von Arbeitszeugnissen
Das Arbeitsgericht Zürich publiziert jährlich die wegweisenden Entscheide in einer Broschüre. Einmal mehr ist auch ein Entscheid zum richtigen Inhalt eines Arbeitszeugnisses dabei. Die Kernsätze aus dem Entscheid sind die Folgenden:

- Besondere Leistungen oder Beförderungen sind einleitend und vor der Leistungs- und Verhaltensqualifikation zu erwähnen.

- Im Zweifelsfall ist immer ein „normal anständiges“, durchschnittliches Zeugnis auszustellen, wenn die Meinungen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber auseinandergehen und keiner von beiden den Nachweis für die „Wahrheit“ erbringen kann.

Das Gericht beanstandete, dass das Zeugnis nur unvollständig war und nur den Umgang mit Teammitgliedern und Kunden erwähnte, nicht aber den Umgang mit Vorgesetzten, dass nur „zwischenmenschliche Fähigkeiten“, nicht aber fachliche Kompetenz gewürdigt wurden. Im Detail führte das Gericht Folgendes aus:

„Bei der Formulierung eines Zeugnisses sind bestimmte Grundsätze zu beachten: Vorrang kommt dabei der Wahrheitspflicht zu, weitere Grundsätze verlangen, dass das Zeugnis wohlwollend und vollständig formuliert ist. Dem gleichgestellt ist des Anspruch des Mitarbeitenden auf Einheitlichkeit, Individualität und Klarheit.

Die Redaktion des Zeugnisses ist Sache des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf eine Korrektur, wenn es sich beispielsweise nur um eine ausführliche Beurteilung, die Erwähnung bestimmter Vorkommnisse und andere Gewichtungen oder sprachliche Änderungen handelt, die ohne inhaltliche Bedeutung sind. Ein Ergänzungsanspruch besteht dagegen, wenn besondere Leistungen oder Fähigkeiten nicht erwähnt werden. Zu subjektiven Wertungen, wie namentlich dem Ausdruck des Bedauerns über den Weggang, kann der Arbeitgeber allerdings nicht gezwungen werden.

Die Beurteilungen von Leistungen und Verhalten ist ein Kernpunkt des Zeugnisses. Es ist unzulässig nur eines von beiden zu qualifizieren. Das Verhalten qualifiziert dabei die Beziehung zu anderen Personen, insbesondere Vorgesetzten. In der Lehre wird dem Arbeitgeber die Behauptungs- und Beweislast für die Richtigkeit des von ihm ausgestellten Zeugnisses zugewiesen. Der Arbeitnehmer trägt dagegen die Behauptungs- und Beweislast für die seinen Formulierungsanträgen zugrunde liegenden Tatsachen.

 

von Dr. iur. Bruno Glaus


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