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Auf das E-Bike warte ich noch immer

Ich war fest davon überzeugt, mein Ex-Freund würde sein Versprechen einhalten. Als wir unseren gemeinsamen Haushalt auflösten, übernahm ich die ganze Restschuld unseres Darlehens bei meinen Eltern, weil ich besser verdiene. Dafür würde er mir später einmal das von ihm bezahlte E-Bike „schenken“, wenn ich vom Sprachaufenthalt zurückkäme.

A.S. aus Rapperswil-Jona

Ja, liebe S., jetzt sind Sie zurück, und er rückt das E-Bike nicht heraus, obwohl Sie und Ihre Eltern ihn aus der Darlehensverpflichtung entlassen haben. Sie haben sich offenbar ihm gegenüber schriftlich verpflichtet, die bisherige Solidarschuld gegenüber Ihren Eltern in der Höhe von 20‘000 Franken alleine zu übernehmen. Gemäss Ihren Angaben waren auch die Eltern als Gläubiger mit der Schuldübernahme einverstanden. Damit ist die Schuldübernahme (Art. 176 OR) gültig.
Leider haben Sie im gleichen Vertrag nicht auch die E-Bike-Versprechung geregelt und damit die Einhaltung durch Ihren Ex-Freund zur Bedingung der Schuldübernahme gemacht. Das macht Ihren Standpunkt eher schwierig. Ein Schenkungsversprechen hätte schriftlich vereinbart werden müssen (Art. 243 OR), sonst ist es ungültig. Somit könnten Sie argumentieren, dass es sich beim „E-Bike Versprechen“ gar nicht um eine Schenkung handelt. Sondern, dass das E-Bike die geldwerte Gegenleistung dafür ist, dass Sie den Anteil der Darlehensschuld Ihres Ex-Freundes übernommen haben. Allerdings müssen Sie dies beweisen können. Dann können Sie auf Vertragserfüllung – Herausgabe des E-Bikes – klagen.
Gelingt der Beweis für eine „geldwerte Gegenleistung“ nicht, wäre zu prüfen, ob allenfalls ein Irrtum (Art. 23 f. OR) vorliegt oder eine sogenannte Übervorteilung (Art. 21 OR: Wenn in einem Vertrag ein offenbares Missverhältnis zwischen der Leistung und der Gegenleistung besteht und der Abschluss des Vertrages durch Ausbeutung einer Notlage, Unerfahrenheit oder Leichtsinn des andern zustande gekommen ist, dann kann die Leistung zurückgefordert werden).
Wenn überhaupt kein vertragliches Verhältnis bestünde, könnten Sie die Rückerstattung wegen ungerechtfertigter Bereicherung (Art. 62 f. OR) verlangen, weil Sie Ihren Ex-Freund von einer Schuld befreit haben (ohne Gegenleistung). Allerdings nur dann, wenn Sie beweisen können, dass Sie sich in einem Irrtum befunden haben.
Falls Sie sich mit Ihrem Ex-Freund nicht aussergerichtlich einigen können, wäre als nächstes ein Schlichtungsgesuch bei der Schlichtungsbehörde (früher Friedensrichter, Vermittler) einzureichen. Ein solches Schlichtungsverfahren geht dem gerichtlichen Verfahren voraus. Oft kommt es dort zu einer Einigung. Viele Vermittler sind hier Gold wert.

 

von MLaw und li.oec. Nathalie Glaus, publiziert in Obersee Nachrichten


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