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Kontrolle am Arbeitsplatz:

E-Mailitis statt Telefonitis - Unternehmer beginnen, sich zu beklagen. Arbeits- und Freizeitaktivitäten sind kaum mehr zu trennen. Verzweifelt treten Firmen gegen die neue Suchtkrankheit an - und greifen bisweilen zu Methoden, die rechtlich nicht koscher sind. Was erlaubt ist und was nicht, zeigt der folgende Beitrag auf.

"Die Elektronik hat die Überwachung von Arbeitnehmern in den Betrieben sehr einfach gemacht. Vorgänge, die über Computer abgewickelt werden, lassen sich ohne grossen Aufwand protokollieren und aufzeichnen", schreibt David Rosentahl, Internet-Publizist der ersten Stunde, in seinem üppigen Band "Projekt Internet" (Verlag Finanz und Wirtschaft AG, Zürich 1997). Dass, was technisch machbar, nicht immer zulässig ist, hat auch der Schweizer Datenschutzbeauftragte Odilo Guntern in mehr als einer Stellungnahme verlautbaren lassen (Siehe Kasten). Bei allen Schranken sollte indes nicht verkannt werden, dass Leistungserfassung und Leistungskontrollen mit elektronischen Mitteln grundsätzlich zulässig sind. Je nach Zweck und Ausmass kann aber eine Datenerfassung unzulässig sein, vorallem dann, wenn Arbeitnehmer zuvor nicht in Kenntnis gesetzt wurden. Heikel werden solche Massnahmen dann, wenn damit auch das persönliche Verhalten der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz erfasst werden soll.

Datenerfassung aus Sicherheitsgründen
Unproblematisch sind die Protokollierung und Aufzeichnung von Arbeitsvorgängen, wenn damit in erster Linie erhöhte Sicherheit (Lokalisierung und Analyse von Fehlern), die Beschaffung statistischer Daten über Nutzungsintensität oder Auslastungsgrad und die Eruierung unbefugter Zugriffe anvisiert wird. Der Zweck einer Massnahme entscheidet wesentlich über deren Zulässigkeit. Der Zweck heiligt aber nicht alle Mittel. Unter dem Vorwand von Sicherheitsaspekten dürfen beispielsweise nicht einfach sämtliche Telefongespräche der Mitarbeiter aufgezeichnet oder gar abgehört werden.

Leistungskontrolle Ja,
verhaltenskontrolle nein!
Art. 26 der Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz schränkt die Kontrollbefugnisse des Unternehmens ein: Kontrolliert werden darf die Leistung der Mitarbeiter, nicht aber das persönliche Verhalten der Arbeitnehmer (soweit dies nicht in einem direkten Zusammenhang mit der zu erbringenden Leistung steht). Was sich zwei Mitarbeiter sagen oder schreiben, darf nicht kontrolliert werden.

Personendaten dürfen nach den Bestimmungen des Datenschutzgesetzes nur zum vereinbarten Zweck und nur nach den Grundsätzen der Verhältnismässigkeit und von Treu und Glauben beschafft oder sonstwie bearbeitet werden. Wer Daten bearbeitet, hat die Privatsphäre der Betroffenen zu wahren und auch die andern Persönlichkeitsrechte zu respektieren (so zum Beispiel den guten Ruf, die Pietät, die Bewegungsfreiheit, das Recht am eigenen Bild und das Recht am eigenen Wort). Das Obligationenrecht verdeutlicht diesen Grundsatz: Nach Art. 328b OR darf der Arbeitgeber Daten über seine Mitarbeiter nur erfassen oder bearbeiten, soweit dies zur Durchführung des Arbeitsverhältnisses notwendig ist.

Telefon- und E-Mail-Überwachung
Der Einsatz von Kontroll- und Leistungserfassungssystemen ist generell unproblematisch, wenn dadurch keinerlei Rückschlüsse auf das Verhalten des Mitarbeiters möglich sind (z.B. Anzahl und Dauer der Telefonate, Anzahl Verkaufserfolge im Verhältnis zu Telefonbenutzung etc.). Wo einzelne Mitarbeiter über individuelle E-Mail-Adressen verfügen, ist das Einsehen von E-Mail-Adressen und -Inhalten unzulässig. Wo im Betrieb eine gemeinsame Mail-Box betrieben wird, ist die Überwachung und Archivierung des E-Mail-Verkehrs erlaubt, wenn diese Massnahmen der Messung der Leistung, der Sicherheit oder einem anderen berechtigten Interesse des Unternehmens dienen. Soweit es Leistungserfassung und berechtigte Kontrollbefugnisse eines Arbeitgebers erfordern, darf die Elektronische Post in der gemeinsamen Arbeitsstation jedenfalls dann eingesehen werden, wenn Arbeitsvertrag oder Betriebsordnung ("Internet-Policy") dies ausdrücklich vorsehen und die Arbeitnehmer in der Folge wissen, dass der Arbeitgeber bei seiner Kontrolle durchaus die Empfängeradressen von Privatkorrespondenz feststellen kann. Obwohl hier durchaus das Risiko in Kauf genommen wird, dass auch ein nicht gekennzeichnete Privat-Mail geöffnet wird, kann daraus nicht geschlossen werden, es gelte deshalb "das generelle Verbot der Überwachung und Aufzeichnung von elektronischer Post", einschliesslich der geschäftlichen E-Mails (wie Rosentahl meint)..

 

Kommentar:
Persönlichkeitsschutz umfasst zwar auch, aber nicht nur ein Abwehrrecht. Art. 27 ZGB gibt dem Einzelnen das Recht, über Verträge Einschränkungen seiner Persönlichkeitsentfaltung zu vereinbaren oder aber sich vertraglich zu schützen (Vergl. die IAO-Richtlinien im Kasten). Vertragsfreiheit als Ausfluss freier Marktwirtschaft schliesst auch Verantwortung ein, sich nach Möglichkeit über Erklärungen oder Absprachen oder technische Massnahmen (z.b. Verschlüsselung) zu schützen. Am Einzelnen oder an den Verbänden liegt es, mit dem Vertragspartner die Spielregeln auszuhandeln (Siehe IAO-Richtlinien im Kasten).

Im Arbeitsverhältnis gehören Informationen und die Ergebnisse geistigen Schaffens dem Arbeitgeber. Der Arbeitgeber darf Einsicht in dieses Schaffen nehmen. Wo Arbeitnehmer Privates und Vertrauliches unter Verschluss halten wollen, haben sie dies in den gemeinsamen Räumen und E-Mail-Adressen zu kennzeichnen oder zu verschlüsseln - wohlwissend, dass es dem betriebsinternen Systemverwalter, aber auch dem Provider dennoch ein Leichtes wäre, den Inhalt eines Mails dennoch einzusehen!

 

von Dr. iur. Bruno Glaus


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